Aufruf
Einschüchterungsklage der FPÖ NÖ gegen die Tagespresse
Wir fordern die FPÖ NÖ zum umgehenden Rückzug ihrer Klage gegen die Tagespresse auf
Am 11. April erhielten rund 500 niederösterreichische Gastwirte einen ungewöhnlichen Brief: Sie mögen Begriffe wie „medium-rare Steak“ durch „mittelrohe Fleischschnitte“ ersetzen, den „Pinocchio-Teller“ auf der Kinderkarte durch das „Gabalier-Laberl“, und auf der Dessertkarte sollte mehr Paniertes aufscheinen. Nur dann gäbe es die neue Wirtshausprämie der schwarz-blauen Landesregierung. Als Absender schien die FPÖ Niederösterreich auf.
Als der Kurier am Vormittag desselben Tages bei der FPÖ nachfragte, folgte das sofortige Dementi: die Partei habe mit dem Schreiben nichts zu tun. Sämtliche TV-, Print- und Online-Medien berichteten danach von „Fake-Briefen“ an die Wirte und das Satire-Magazin Tagespresse bekannte sich zur Aktion. Ziel sei es gewesen, die Verknüpfung der Wirtshausprämie an nationalistische Kriterien zu thematisieren und die Einmischung der Politik in die Gestaltung von Speisekarten aufzuzeigen.
Nachdem FPÖ-NÖ-Chef Udo Landbauer zunächst die Aktion auf seiner Facebook-Seite noch belustigt kommentierte, änderte die Landespartei ein paar Wochen später ihre Meinung. Sie brachte Anfang Mai eine Klage gegen die Tagespresse beim Wiener Handelsgericht ein. Gefordert wird nicht nur die Unterlassung derartiger Aktionen mit Namen und Logo der FPÖ, sondern auch eine kostspielige, ganzseitige Urteilsveröffentlichung in den Wochenendausgaben zweier niederösterreichischer Zeitungen. Denn, so die Argumentation der FPÖ, der Inhalt sei für einen „durchschnittlich unbefangenen Gastwirt“ nicht als Satire erkennbar. Dass die Fake-Briefe binnen weniger Stunden in sämtlichen Medien als solche offen gelegt wurden, ignoriert die Partei. Sie begründet ihren Anspruch auf Urteilsveröffentlichung in der Klage mit „Abschreckung“: Das Gericht solle an der Tagespresse ein Exempel statuieren.
Vorgehen wie auch Wortwahl zeigen alle Merkmale einer Slapp-Klage. Egal, wie das Gericht entscheidet: die Tatsache, dass diese Klage überhaupt eingebracht wurde, obwohl niemand materiellen oder körperlichen Schaden erlitt und die Tagespresse die Täuschung umgehend aufklärte, lässt Rückschlüsse auf das Motiv der FPÖ zu. Durch das Abfeuern sämtlicher juristischer Geschütze aus allen Rohren sollen kritische Medien, Satire, Kunst und Kultur eingeschüchtert werden. Anstatt den Austausch in der politischen Arena zu suchen, schickt sie lieber ihre Anwälte vor, um kritische Stimmen im Gerichtssaal zum Schweigen zu bringen.
Wir fordern die FPÖ NÖ zum umgehenden Rückzug ihrer Klage gegen die Tagespresse auf
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