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Leseprobe: Thomas Glavinic - "Das bin doch ich."

(S. 95-96)

Ich fühle mich wohl. Seit ein paar Stunden weiß ich, daß Die Arbeit der Nacht im Hanser Verlag erscheinen wird. Erstklassiges Haus. Aber damit hat die Warterei noch kein Ende, nun muß ich warten, was sich tut. Wer wird mich anrufen? Mein Lektor? Der Verleger? Ich trinke weiter. Die Strukturen am Tisch lösen sich nach und nach auf. Heidi sitzt auf der anderen Seite, Thomas Maurer steht mit dem Regisseur Schalko in einer Ecke, neben mir knutschen zwei junge Lesben, und zwar so, daß jeder sehen soll, daß sich hier zwei Frauen sehr, sehr lieb haben. Bei ihnen stehen zwei weitere Frauen mit Kurzhaarschnitt, und jedesmal, wenn ich mich an ihnen vorbeizwänge, gibt es fast Kommentare über mich. Ich weiß nicht, ob ich dieses fast erklären kann: Diese Frauen sind offensiv, sie sind schon sehr guter Laune, sie schauen mir frech ins Gesicht, und wenn ich mich vorbeigedrückt habe und umdrehe, starren sie mich an und lächeln. All dem hängt eine leicht aggressive, aber nicht unfreundliche Note an. Ich überlege, ob ich beim nächsten Mal vielleicht auf der anderen Seite ... aber das wäre Feigheit. Und irgendwie sind sie ja sympathisch.
Ich stelle fest, daß ich betrunken bin und mir sterbenslangweilig ist. Ich tue, was ich in dieser Situation immer tue, ich ziehe mein Handy heraus. Trotz der erfreulichen Entwicklung dieses Tages sinkt meine Stimmung mehr und mehr, ich frage mich, wieso ich überhaupt immer solche Probleme mit Verlagen habe. Das übliche Zwei-Flaschen-Selbstmitleid stellt sich ein, ich scrolle mich durch den Nummernspeicher, mich packt Wut auf den Literaturbetrieb. Ohne viel Nachdenken beginne ich Nummer um Nummer zu löschen, die ich in diesem Moment als Betriebsnummern ansehe.

© Carl Hanser Verlag, München.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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