Leseprobe:
Die Welt kümmert sich ja wenig um das Schicksal eines Pechvogels, der beide Hände, sein Berufswerkzeug, verloren hat. Viel schwerer wiegt da die Zwangsvorstellung eines greisen Chinesen in Singapur. Das Buch, das gesschrieben werden muss, muss geschrieben werden! Was die Welt und wohl auch Luis und erst recht Carmen also trotz abgehackter Hände von mir erwarten würden: in einem disziplinierten, schonungslosen, konsequenten Prozess zu lernen, mit einem von meinem Mund geführten Stift zu schreiben, begleitet von einer ausgeklügelten Social-Media-Kampagne: der harte Weg zurück, die Überwindung des Schicksals, immer wieder Depression, Verzweiflung, Suizidgedanken; doch dieser Mann gibt einfach nicht auf, beweist eisernen Willen, schont sich nie, trotz aller Rückschläge versucht er stets aufs Neue, mit einem zwischen die Lippen geklemmten Stift zumindest den eigenen Namen zu schreiben. Gelingt ihm nach vier Monaten. Tausende Herzen auf Instagram. Und bereits wenige Monate später erscheint ein siebenhundertseitiges Werk über die wahre Geschichte des Teufels, das Weltbuch … Joshua K., dem Armamputierten, winken Galadiners, Marmorsockel, Bestsellerlisten; Empfänge im Weißen Haus und im Kreml, Reden im Europäischen Parlament und vor dem chinesischen Volkskongress, eine exklusive Reise zum Mars, und stets an seiner Seite …
(S. 120–121)
© 2022, Septime Verlag, Wien