Und also in diesem das leben der einen älteren schwester so verheerenden traum (die erzählung sei wohl manches mal fruchtbarer als das erzählte, also furchtbarer als der traum die erzählung davon; weil erst der erzählte traum habe hier eine geschichte gemacht: etwas, was zu erzählen sei), also in diesem traumatraum gewissermaßen, den er jetzt endlich erzählen wolle (aber wie hänge trauma an traum?), da seien ein meßgewandeter pfarrer nach dem anderen, eine schiere unzahl von pfarrern seien der anderen älteren schwester nachgestiegen, buchstäblich nachgestiegen auf eben den kirschbaum hinauf, von welchem man einen vollkommen unverstellten blick auf den zuunterst des gegenüberliegenden hanges gelegenen ententeich gehabt habe; eichhörnchengleich seien sie hinauf zu ihr, affenartig hätten sie sich emporgehantelt: immer mehr, immer mehr – bis sie wie die bienen um ihre königin wie eine riesige traube, eine pfarrertraube!, am kirschbaum gehangen hätten; und sie mittendrin, beinahe erstickend schon, von speichel und pisse und sperma naß, und gleichzeitig habe sie das gebalze auch von außen gesehen. Und sie wisse nicht, was ihr mehr angst gemacht habe, das gefühl des erstickens, die bald schon entsetzliche atemnot, oder der anblick dieser geballten lüsternheit lüsternis: die sich schlängelnden zungen, die sich rankenden beine, die sich windenden arme rundherum. Bis der kirschbaum um-, unter der gewaltigen last, und sie aus dem schlaf gefallen sei.
(aus "Traumbaum", S.72f)
© 2010 Folio Verlag, Wien-Bozen.