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Sandra Hubinger: Von Krähen und Nüssen

Kurzprosa.
Graz: Edition Keiper, 2022.
140 S.; geb.; EUR 20,-.
ISBN 978-3-903322-68-4.

Sandra Hubinger

Leseprobe

Nach dem 2016 erschienenen Gedichtband "Kaum Gewicht und Rückenwind" meldet sich Sandra Hubinger nun mit einem Prosaband wieder zu Wort. "Von Krähen und Nüssen" ist eine Sammlung knapper Geschichten mit ungewöhnlichen Inhalten, die von recht gewöhnlichen Motiven inspiriert werden. Begegnet der Autorin etwa eine auf der Straße liegen gebliebene Matratze, fällt ihr Folgendes dazu ein: "Einer der müde war, hatte sich seine Bettmatratze mitgenommen, um sich zu jeder Zeit, an jedem Ort ausruhen und schlafen legen zu können." (99) Ebenso gibt sie den städtischen Vogelfutterstreuer:innen einen neuen Sinn: "Jemand fütterte Brot an Bäume. Das Brot, fast immer Weißbrot, lag in Stücken verteilt um die Stämme in den Baumeinfassungen." (101) Genauso ist es mit einem Haus, das sich selbständig macht und verkleidet. Inhalte verlassen ihre Verpackungen, Haselnüsse klettern über Zäune und insgesamt pflegt die Ich-Erzählerin ein sehr eigenes Verhältnis zu Objekten: "Konkretisier dich, sagte ich zu dem Ding" (124) oder "Ich fand heraus, dass ich Gegenstände, ohne sie zu berühren, bewegen konnte." (72) Auch Tiere stehen ihr nahe, da sie mit Katzen, Krähen, Schmetterlingen und Insekten kommuniziert. Die einen fängt sie mit Lichtfallen, um sie zu erforschen, den anderen schreibt sie Briefe, die dritten brechen die Beziehung von sich aus ab.

"Ich suche die Spur hinter der Spur, was dahinter ist und wohin das führt, sagte ich." (95) Das klingt programmatisch und macht die Kommunikation mit Menschen zuweilen kompliziert. Das sonst ganz selbstverständliche Beziehungsgeflecht zwischen Ich-Erzählerin, Objekt und Tier gerät im Umgang mit dem Menschen ein wenig durcheinander. Dialoge zwischen einem Ich und einem Du sind ebenso vertraut wie verwirrend, ebenso tiefgründig wie vielsagend. Die Eigenheit, Redewendungen zu wenden und Metaphern wörtlich zu nehmen, kann zu missverständlicher Doppelbödigkeit führen, ist jedoch immer unterhaltsam.

Es ist vor allem subtiler Witz, der diese manchmal nur drei- oder vierzeilige Kurzprosa kennzeichnet. "Ich nahm gerne etwas in die Hand. Meine Hände waren groß. Das Schicksal würde Platz finden." (58) Ein Panzernashorn wird mit verbaler (nach der Lektüre von Hubingers Texten scheint es angebracht, dies zu betonen) Schlagfertigkeit aus dem Garten vertrieben und der Zahnarztbesuch gerät zur veritablen Krönung. Nachbarn müssen dafür büßen, dass sie der Forderung nach der (dem Feng-Shui-Plan entsprechenden) Partnerschaftszone, die in der Nachbarwohnung liegt, nicht nachgeben. Bei aller Knappheit ist jede Geschichte ein schillerndes "Objekt", das sich drehen und wenden lässt. Manche dieser Geschichten werden als wahr oder als Traum deklariert, kaum eine bricht nicht mit konventionellen Erwartungen: "Irgendwann breitete ich die Arme und Beine aus, legte mich unter den Himmel und fiel hoch." (64) "An einer Bahnstation gingen die Türen nicht auf, und die Leute schauten aus geschlossenen Fenstern, wie der Ort ohne sie liegen blieb." (62)

Sandra Hubingers Blick auf die Welt zeugt von Originalität, Widerständigkeit und Eigensinn. Die ungewöhnliche Nähe der Ich-Erzählerin zum Objekt ebenso wie zur Tier- und Pflanzenwelt führt zum Anliegen, diese zu retten. Vielleicht trägt das Buch ein wenig zur allgemeinen Bewusstseinsveränderung und zu entsprechender Würdigung unserer Umwelt bei – ganz ohne missionarischen Eifer, aber mit viel spielerischem Charme.


Rezension von: Beatrice Simonsen, 29. 11. 2022

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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